Sommerschwestern 02 - Die Nacht der Lichter by Peetz Monika
Autor:Peetz, Monika [Peetz, Monika]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783462311020
Herausgeber: Kiepenheuer & Witsch eBook
veröffentlicht: 2023-03-08T00:00:00+00:00
Inhaltsverzeichnis
32. Ein Schritt zu viel
Mit zittrigen Fingern wählte Yella Ludwigs Nummer. Erst beim dritten Klingeln ging er dran.
»Ich bin in Amsterdam bei Doro«, begann Yella.
Ludwig ratterte sofort los: »Ich habe wirklich alles versucht, sie von diesem Auftrag abzuhalten«, begann er, als ahne er längst den Grund für den überraschenden Anruf. »Sie wollte unbedingt an die Oper. Holland ist ihr Traum, und du weiÃt, wie sie ist, wenn sie sich was vornimmt.«
»Kann ich etwas tun?«, fragte Yella.
»Hast du ein bisschen Geld?«
»Ist alles in Ordnung bei euch?«
»Bei uns schon. Die Bank sieht das leider ganz anders.«
»Doro steht komplett neben sich«, sagte Yella. »Wir müssen was unternehmen.«
»Wir?«, klang es müde aus der Leitung.
Seit Ludwig in das Leben ihrer alleinerziehenden Schwester getreten war, hatte sich die Rollenverteilung verfestigt: Doro war der Blitz, Ludwig der Blitzableiter. Jetzt waren bei ihm offenbar die Sicherungen durchgebrannt.
»Seit Jahren hangeln wir uns von Auftrag zu Auftrag. Vielleicht muss Doro sich einfach eingestehen, dass das Atelier längst nicht mehr überlebensfähig ist.«
Yella konnte sich eine Doro ohne ihr Studio kaum vorstellen. Nach ihrer Lehre am Theater hatte sie ihr eigenes Unternehmen gegründet und im Laufe der Jahre immer weiter ausgebaut. Das Atelier war ihre Liebe, ihre Passion und jetzt offenbar auch ihr Untergang.
»Und dieses neue Engagement?«, fragte Yella. »Hilft das?«
»âºUndineâ¹Â«, meinte Ludwig wegwerfend. »Eine Schnapsidee. Doro braucht kein neues Standbein, sie braucht eine Pause.«
»Bist du deswegen abgereist?«
»Es gibt jemanden, der an unserer Werkstatt interessiert ist. Sie bieten viel Geld, wenn wir unseren Mietvertrag frühzeitig kündigen.«
»Und was sagt Doro dazu?«
»Sagen nichts, brüllen umso mehr. Und vor allem ein Wort: nein«, sagte Ludwig. »Dabei hätten wir endlich finanziell Luft, uns neu aufzustellen. Wir bräuchten nicht mehr jedem Auftrag hinterherzuhecheln.«
»Was können wir tun?«
»Doro. Nicht wir«, wiederholte Ludwig. »Doro muss erkennen, dass sie längst auf verlorenem Posten kämpft.«
Im Badezimmer wurde das Wasser abgedreht. Yella lief in die entgegengesetzte Ecke der Wohnung.
»Könnte die âºUndineâ¹ euch sanieren?«, flüsterte sie.
»Yella, es gibt kein Opernprojekt mehr. Die Regie hat Doros Entwürfe bereits zwei Mal abgelehnt. Benedikt Bergmann ist ein Koryphäe, eine Eintrittskarte in eine neue Welt. Aber er hat keine Lust auf eine Zusammenarbeit mit Doro. Der arrogante Sack fand ihren Ansatz reif für den Mülleimer.«
Doro hasste es, zu verlieren. Sie wollte die Erste sein, immer und überall. Yella sah noch lebhaft die fliegenden Mensch-ärgere-dich-nicht!-Männchen ihrer Kindheit vor sich. Ihre groÃe Schwester warf das Spielbrett eher um, als sich mit einer drohenden Niederlage abzufinden.
»Ihre Hartnäckigkeit hat Doro groà gemacht«, sagte Ludwig. »Aber zu viel ist zu viel. Doro ist auf dem besten Weg in den Burn-out. Wir brauchen diesen Auftrag nicht.«
Er atmete schwer durch.
»Wie gut, dass du nach Amsterdam gefahren bist«, seufzte Ludwig. »Sie spricht immer in den höchsten Tönen von dir. Vielleicht schaffst du es, sie zu erreichen.«
Er war unendlich erleichtert, dass die Last, sich mit Doro auseinanderzusetzen, nicht mehr alleine auf seinen Schultern ruhte.
»Nicht einmischen«, rief Yellas innere Stimme. »Bloà nicht einmischen.«
Aber vielleicht hatte sie mit dem Anruf bereits eine kritische Grenze überschritten.
»Ich liebe Doro auch, wenn wir kein groÃes Atelier und keine groÃen Aufträge mehr haben. Für mich muss sie nichts erreichen.
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